Sozialfinanz.de gibt einen kurzen Überblick und klärt auf, welche Tücken es bei der Finanzierung zu beachten gilt.

Nicht nur Familien und Kleinanleger sind stetig auf der Suche nach einem passenden Objekt, sondern auch viele professionelle Betreiber und Investoren. Unabhängig von den Bewegründen ist die Nachfrage an Immobilien in den letzten Jahren immer mehr gestiegen.

Dabei bleibt das Angebot auf dem Markt knapp und kann in vielen Regionen die Nachfrage an Immobilien nicht mehr decken. Hierdurch steigen die Grundstücks- und Immobilienpreise rasant an, was sich auch in dem meist notwendigen Kreditbedarf widerspiegelt.

Daher wird oft die Frage nach einer Alternative gestellt, welche es ermöglicht, ohne viel Eigenkapital eine Immobilie zu erwerben. Gerade für Investoren und Gewerbetreibende ist dies von Bedeutung, um z.B. Liquidität für weitere Projekte oder Investitionen vorhalten zu können.

Auf den ersten Blick könnte hier der Erwerb von Erbbaurecht eine günstige Alternative darstellen, da der Käufer lediglich das Eigentum an dem (zu bauendem) Objekt erhält. Dementsprechend bleibt das Grundstück im Eigentum des Erbbaurechtsgebers und muss nicht mitfinanziert werden, was die Finanzierungshöhe deutlich senkt. Für die Bereitstellung des Grundstücks muss der Käufer Erbbauzinsen an den Erbbaurechtsgeber zahlen. Diese sind vergleichbar mit einer Miete für die langjährige Nutzung.

In der Tat erscheint der deutlich niedrigere Preis für den Erwerb eines Erbbaurechts im Vergleich zum Volleigentum sehr attraktiv, doch sollte man sich insbesondere mit den Tücken von Erbbaurecht-Immobilien befassen, bevor man eine solche Immobilie tatsächlich kauft.

Welche Tücken gibt es beim Erbbaurecht?


Auch wenn Wertsteigerungen bei Erbbaurecht-Immobilien stattfinden, so sollte der Fokus beim Erwerb nicht auf dem Wertsteigerungspotential des Objektes liegen. Hintergrund ist die Ausgangslage für eine Wertsteigerung bei Immobilien, welche größtenteils vom Grund und Boden, auf dem die Immobilie steht, ausgeht. Diese Komponente geht bei Immobilien mit Erbbaurechtsgestaltung jedoch verloren.

Banken neigen zur Vorsicht


Die Fremdfinanzierung über Kreditinstitute kann mit einigen Schwierigkeiten verknüpft sein.
So ist es üblich, dass Banken ein Erbbaurecht eher kritisch einstufen und die aus ihrer Sicht damit einhergehenden Risiken berücksichtigen müssen.

Insbesondere die Restlaufzeiten von Erbbauverträgen spielen hier eine wichtige Rolle und können bereits einen Ablehnungsgrund seitens der Bank darstellen. Hier sind besonders Verträge mit einer kurzen Restlaufzeit betroffen und können zu deutlichen Bewertungs-abschlägen bei der Objektbewertung führen. Diese Thematik sollte man auch schon für zukünftige Investitionen im Hinterkopf behalten, denn wenn die Restlaufzeit des Erbbaurechts zu diesem Zeitpunkt kürzer geworden ist, lassen sich diese eventuell nicht mehr fremdfinanzieren.

Das A und O bei einer solchen Finanzierung ist die Kommunikation mit der Bank. Hier sollte bereits zu Beginn abgestimmt werden, ob diese Erbbaurechte finanziert und wenn ja unter welchen Vorrausetzungen. Denn oftmals verlangen Banken eine Belastungszustimmung als auch eine Stillhalteerklärung, um die Risiken der Finanzierung möglichst gering zu halten. Dies ist mit wenig Aufwand verbunden und kann Ihnen bereits im Vorfeld mögliche Probleme ersparen.

Die Crux des Mitspracherechts


Bei den üblichen Vertragsgestaltungen hat der Erbbaurechtsgeber in vielen Fällen ein Mitspracherecht, z.B. wenn es um bauliche Änderungen geht. Auch bei der Finanzierung solcher Anfragen gibt es relevante Dokumente, etwa die bereits erwähnte Stillhalterklärung oder die Belastungszustimmung, bei denen die Unterschrift des Erbbaurechtsgebers zwingend notwendig ist.

Die Erbbaurechtsnehmer sind somit in ihren Projekt- und Vorhabensplanungen stark eingeschränkt und können wichtige Aspekte nicht mehr ohne Weiteres umsetzen. Selbst dann nicht, wenn es notwendige Maßnahmen sind, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Diese Abhängigkeit vom Erbbaurechtsgeber versetzt den Erbbaurechtsnehmer verständlicherweise in eine schwächere Position und kann im Negativfall dazu führen, dass der Erbbaurechtsgeber seine stärkere Position ausnutzt. So kann es dazu kommen, dass die Bereitschaft des Erbbaurechtsgeber zur Unterzeichnung der Verträge an einen höheren Erbbauzins geknüpft wird und somit zu weiteren finanziellen Belastungen des Erbbaurechtsnehmers führt.

Daher auch hier nochmal der Hinweis:

  • Bei der Bank abfragen, ob eine Belastungszustimmung und Stillhalteerklärung verlangt wird.
  • Sollte dies der Fall sein, muss dies mit dem Erbbaurechtsgeber über einen Notar abgestimmt werden.

Wertermittlung ist komplex


Eine große Herausforderung stellt die Wertermittlung der Immobilie dar. Dass die Restlaufzeit einen nicht unerheblichen Einfluss auf den vorzunehmenden Abschlag hat, wurde zuvor bereits erwähnt. Doch was genau ist damit gemeint und welche Abschläge kommen noch hinzu?

Zunächst ist festzuhalten, dass in der Regel das sogenannte „Münchener Verfahren“ zur Ermittlung des Beleihungswertes eingesetzt wird. Dabei wird zunächst ein lastenfreies Volleigentum unterstellt und im Nachgang werden vier Abschläge vorgenommen, die sich aus den Einschränkungen gegenüber dem klassischen Volleigentum ergeben.
Hier eine kurze Übersicht:

Abschlag 1:

Dieser berücksichtigt den Wegfall des Bodennutzungsrechts bei Ablauf des Erbbaurechts. Hier kommt die oft angesprochene Restlaufzeit ins Spiel, denn desto länger diese ausfällt, umso höher ist in der Regel der Wert des Erbbaurechts.
Deshalb sollten hier lange Laufzeiten angestrebt werden, da bei zu kurzen Restlaufzeiten eine Finanzierung der Banken ausgeschlossen wird.

Abschlag 2:

Hier wird der nicht zu entschädigende Gebäudewertanteil bei Ablauf des Erbbaurechts berücksichtigt. Das heißt, dass nach Ablauf des Erbbaurechts das Eigentum der Immobilie an den Erbbaurechtsgeber geht. Dieser muss hierfür zwar eine Entschädigung zahlen, jedoch liegt diese meist weit unter dem tatsächlichen Wert der Immobilie. Dieser nicht zu entschädigende Anteil wird daher über die Restlaufzeit abgezinst und vom Wert des Volleigentums abgezogen.

Abschlag 3:

Berücksichtigt die „allgemeinen Nachteile aus dem Erbbaurecht“, welcher als prozentualer Abschlag vom Beleihungswert für das Volleigentum oder als prozentualer Anteil des Bodenwertes vorgenommen wird. Dieser Abschlag basiert auf Erfahrungen der Vergangenheit und den aktuellen Marktgegebenheiten.

Abschlag 4:

Stellt eine Vorlast dar, bei der die Höhe des Erbbauzinses berücksichtigt wird. Dabei wird der Erbbauzins über die gesamte Restlaufzeit des Erbbaurechts kapitalisiert und der Barwert im Anschluss vom Wert des Volleigentums in Abzug gebracht.

Anhand folgenden Beispiels wird die Wertermittlung deutlich:


Die Parameter lauten:

  • Restlaufzeit: 50 Jahre
  • Erbbauzins: 3%
  • Bodenwert: 100 TEUR
  • Neubau: 200 TEUR

Schritt 1: Berechnung Erbbauzinsfreier Beleihungswert

Schritt 2: Beleihungswertfestsetzung

Quelle: https://www.erbbaurechtsverband.de/home/

Anhand der Beispielrechnung werden die Einflüsse der vorzunehmenden Abschläge gut ersichtlich.

Fazit

Die Grundidee des Erbbaurechts ist erstmal positiv zu bewerten. Leider sind die derzeitigen Regelungen und Verträge in vielen Fällen aber nicht zeitgemäß umgesetzt und benachteiligen die Käufer.

Um die Attraktivität für Investoren und Betreiber zukünftig zu steigern und das Erbbaurecht insbesondere im gewerblichen Bereich mehr Anklang finden zu lassen, wären folgende Änderungen sinnvoll und vor allem aus der Sicht des Käufers wünschenswert:

  • Ein dem aktuellen Finanzierungsumfeld angepasster Erbbauzins.
  • Die Anpassung des Erbbauzinses nicht an die allgemeine Preisentwicklung, sondern an die Entwicklung der Mieten.
  • Eine klare Regelung zur Wertermittlung bei Ablauf des Erbbaurechtes sowie eine Entschädigung zu 100 Prozent des Wertes, damit Investitionen in die Immobilie wirtschaftlich sinnvoll bleiben.


Sollten Sie sich trotz der komplexen Thematik und der Diversen vertraglichen Beeinträchtigungen für eine Finanzierung mit Erbbaurecht interessieren, so ist eine umfassende Beratung im rechtlichen, aber auch finanzierungstechnischem Sinne unabdingbar.

sozialfinanz.de unterstützt Sie gerne dabei, den „Finanzierungs-Dschungel“ des Erbbaurechts mit all seinen Tücken und Gefahren zu meistern und das für Sie passende Finanzierungsangebot zu finden.

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